Notaufnahme am Klinikum Ingolstadt

01. Juli 2016

Die Notaufnahme des Klinikum Ingolstadt:

Stundenlanges Warten, das Personal überlastet - und die Erwartungshaltung der Patienten wird immer höher. Es ist ein bundesweites Problem, das auch die Notaufnahme des Klinikum Ingolstadt an ihre Leistungsgrenze bringt.

"Wie ist die Situation in der Notaufnahme im Klinikum Ingolstadt wirklich, was kann und muss sich ändern?", war das Abendthema des SPD-Ortsvereins Ingolstadt-Nord am 22. Juni 2016 bei einer öffentlichen Informationsveranstaltung in der Sportgaststätte Oberhaunstadt. Die Anzahl der Gäste aus den Reihen des Klinikums war in etwa genau so groß wie die der übrigen Besucher. Can Devrim Kum, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Nord, war von den Ausführungen des Referenten, SPD-Stadtrats und Allgemeinarztes Anton Böhm "etwas überrascht". Man war sich zwar einig, dass das Personal eine sehr gute Arbeit leiste. Das Hauptproblem sei, dass sich immer mehr Menschen subjektiv als Notfall sehen und in die Notaufnahme statt zum Hausarzt gehen. Viele hätten gar keinen Hausarzt mehr. Die Patienten, im Durchschnitt seien sie jünger und fordernder als früher, seien auch schneller bereit, gegen einen Arzt juristisch vorzugehen. Nicht zuletzt deshalb sicherten sich die Mediziner in der Notaufnahme ab. "Die machen alles, damit sie juristisch sicher sind." Die Folge: Die Kosten für die Untersuchungen werden immer höher. "Das kostet so viel, dass die Klinik Millionen draufbezahlt." Eine Frau im Publikum berichtete aus der Sichtweise als Patientin. Sie sei umgeknickt und habe sich am Sprunggelenk verletzt. Beim Facharzt hätte sie frühestens in 14 Tagen einen Termin bekommen. "Dann bin ich auch in die Notaufnahme."

Der Orthopäde Olaf Büttner, der im Publikum saß, erinnerte an den ärztlichen Bereitschaftsdienst, der unter der bundesweit geltenden Telefonnummer 116 117 erreichbar sei, aber vielen Menschen leider nicht bekannt sei. Offensichtlich sei ein Teil des Problems in Notaufnahmen die schlecht informierten Patienten. Ortsvereinsvorsitzender Kum führte an, dass die Politik sich überlegen müsse, wie sie die Bevölkerung besser informieren könnte. Weil immer mehr Menschen auch zu Zeiten, in denen die normalen Arztpraxen geöffnet seien, in die Notaufnahme kämen, gibt es am Klinikum bald eine Portalpraxis, die GOIN-Notfallpraxis wird dann auch zwischen 8 und 22 Uhr geöffnet sein. Es soll künftig auch eine telefonische Auskunft möglich sein - der Patient könnte sich dann von einem Arzt per Bildschirm über Skype beraten lassen.

Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Kum, der die Veranstaltung moderierte, stand aber für eine handfeste politische Forderung ein. Er bemerkte, dass es etwas wenig sei, wenn man das ganze Problem bei dem Verhalten der Bevölkerung sieht. SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Werner pflichtete ihm bei. Er zitierte SPD-Ehrenbürger Fritz Böhm, der gesagt hatte, man müsse sich dafür einsetzen, dass eine möglichst hohe Qualität in der Patientenversorgung gewahrt sei. "Die ist mit den Mitteln der Krankenkassen nicht gewahrt", meinte Werner angesichts der Defizite, die Krankenhäuser in der Behandlung von Notfällen machten. Diesen Umstand bestätigte Christof Suttner von der AOK Ingolstadt. 85 Euro Pauschale bekomme das Klinikum für einen Notfall-Patienten. Die Kosten für die Klinik wären aber deutlich höher. "Die Stadt muss bereit sein, Mittel zur Verfügung zu stellen. Das ist wichtiger, als Geschäfte mit China anzukurbeln", bemerkte Werner.

In der Notfallklinik werden Patienten nach fünf Kategorien eingeteilt, klärte ÖDP-Stadtrat und Rettungsassistent Thomas Thöne auf. Ein Polytrauma nach einem Verkehrsunfall z.B. sei in Kategorie 1 angesiedelt. "Es dauert zwischen 38 und 43 Minuten, bis der Patient nach den ersten Untersuchungen in den OP geschoben wird." Der Patient aus Kategorie 5 müsse dann leider warten. Thöne nahm die Pflegekräfte und die Ärzte in Schutz und führte auch ins Feld, dass für die Klinik zu wenig Mittel bereitgestellt würden.

Kum forderte zum Abschluss mehr Personal einzustellen, um die Arbeit in der Notaufnahme besser zu organisieren und Wartezeiten zu reduzieren. Man dürfe nicht Betriebswirtschaft über den Hilfs- und Heilauftrag stellen in einer öffentlichen Klinik. Die Stadtregierung und der Bezirk Oberbayern könne da nicht aus der Verantwortung gelassen werden.

Teilen